BAUERNZEITUNG vom 25. September 2015/ Christian Weber

Agro Food Innovation Park / Der Thurgau macht vorwärts. Ab 2016 soll das Projekt in einer dreijährigen Pilotphase ein Gesicht bekommen.

FRAUENFELD Die Zuckerfabrik in Frauenfeld, das Hochdorfwerk in Sulgen, die Migros-Tochter Bischofszell, Nahrungsmittel AG (Bina), die Meyerhans Mühlen in Weinfelden, die Geflügelproduzentin Frifag Märwil AG, Biotta in Tägerwilen, die Tobi Seeobst AG in Bischofszell, die Mosterei Möhl in Arbon und die Ramseier Mosterei in Oberaach, die Käsereien Strähl in Siegershausen und Studer AG in Hefenhofen sowie eine ganze Reihe von weiteren Käsereien: Diese Liste von bedeutenden Thurgauer Firmen, die in der Lebensmittelindustrie aktiv sind, ist lang – und bei weitem nicht vollständig. Sie zeigt, dass die Verarbeitung von landwirtschaftlichen Produkten im Thurgau eine hohe Bedeutung hat.

Hoher Anteil an Beschäftigten und Betrieben

Die Thurgauer Regierungsrätin Monika Knill formulierte es vergangene Woche an einer Medienkonferenz so: «Der Kanton Thurgau hat eine überdurchschnittlich starke Stellung auf dem Gebiet der Land- und Ernährungswirtschaft. » Das widerspiegle sich darin, dass rund 16 Prozent aller Betriebe und gut 10 Prozent aller Beschäftigen in diesem Sektor tätig seien, sagte die Chefin des Thurgauer Departements für Erziehung und Kultur weiter. Das zeige sich aber auch an dem hohen Marktanteil von Thurgauer Produkten in den Bereichen Obst, Beeren, Gemüse und Milch. Um diese ausgeprägt starke Stellung in der Lebens- und Ernährungswirtschaft zu stärken und auszubauen, soll in den Jahren 2016 bis 2019 die Pilotphase für einen Agro Food Innovation Park starten. Geplant ist dieser in Frauenfeld. Wettbewerbsfähigkeit soll gestärkt werden Im Stadtzentrum von Frauenfeld werden zwischen Bahnhof und Autobahn Areale frei, von denen sich die Armee zurückgezogen hat oder sich zurückziehen wird. Auf diesen soll laut dem Thurgauer Volkswirtschaftsdirektor Kaspar Schläpfer ein Angebot «an Kooperationsmöglichkeiten, an Wissens- und Technologietransfer, Dienstleistungen und Immobilien entstehen.» Dies soll die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Land- und Ernährungswirtschaft sowie die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts fördern, neue Arbeitsplätze schaffen und die Wertschöpfung steigern.

Die Akteure untereinander verbinden

«Der Agro Food Innovation Park will die Akteure aus Forschung, Entwicklung und Bildung sowie aus landwirtschaftlichen Betrieben und aus Unternehmen der Ernährungswirtschaft entlang der gesamten Wertschöpfungskette zusammen- führen», sagte Kaspar Schläpfer. Firmen, Labors und Forschungseinrichtungen sollen sich auf dem Areal des geplanten Parks durch die räumliche Nähe und den ständigen Austausch gegenseitig befruchten und weiterbringen. Auf verarbeitende Industrie angewiesen Wie Knill und Schläpfer betonten, soll nicht nur die Ernährungswirtschaft, sondern auch die Landwirtschaft vom Agro Food Innovation Park profitieren. Am Anfang der Ernährungswirtschaft stehe die Landwirtschaft, sagten sie. Und auch diese profitiere davon, wenn die Thurgauer Ernährungswirtschaft gestärkt werde und sich auf dem Absatzmarkt durchsetzen könne. Der Frauenfelder Stadtpräsident Andres Stokholm betonte, der Agro Food Innovation Park sei für die Stadt von zentraler Bedeutung. Er ermögliche die Entwicklung eines Quartiers im Zentrum mit einer Mischung aus hochwertigem Wohnraum, Räumen für Gastronomie und Kultur sowie einem besonderen Wirtschaftsinhalt.

2016 soll operative Tätigkeit aufgenommen werden

Finanziert werden soll die Pilotphase des Agro Innovation Parks über einen Kredit von 2,55 Millionen Franken des Kantons und einem Kredit von 1,2 Millionen Franken der Stadt Frauenfeld. Die Beiträge müssen noch von den beiden Parlamenten genehmigt werden. Weitere Mittel sollen von Bund, der Armee, von Sponsoren und Privaten beigetragen werden. Dank dieser Mittel soll die Geschäftsstelle des Agro Food Innovation Parks bereits ab dem nächsten Jahr schrittweise operativ tätig werden und zwar in den Bereichen «Netzwerke, Kooperationen und Services», «Projekte und Bildung» sowie «Immobilien und Infrastruktur». Dabei soll der inhaltliche Fokus auf die Bereiche «Digitalisierung in der Land- und Ernährungswirtschaft», «Lebensmittelverlust und Lebensmittelverschwendung » und «Lebensmittelsicherheit» gelegt werden.

Freier und zielstrebiger in der Umsetzung

Das Ziel, die Land- und Ernährungswirtschaft im Thurgau zu stärken, ist nicht neu. Aus diesen Bestrebungen ist etwa das Kompetenznetzwerk Ernährungswirtschaft entstanden. Bereits im Rahmen des Nationalen Innovationsparks bewarb sich der Kanton Thurgau 2014 mit Frauenfeld ausserdem um einen Netzwerkstandort mit dem Schwerpunkt Agro Food. Dass daraus nichts geworden ist, bewerten Kaspar Schläpfer und Monika Knill im Rückblick eher als Vorteil. In eigener Regie könne der Thurgau das Projekt zielgerichteter anpacken. Ausserdem gestalte sich in dieser Konstellation die Zusammenarbeit mit Partnern, im benachbarten Ausland – etwa mit der Universität Konstanz – einfacher.

2015.09.25_BauernZeitung_Park_für_die_Ernährungswirtschaft