F&A zum Agro Food Innovations Park
Im Rahmen zahlreicher Gespräche und Veranstaltungen im Thurgau wurden einige Fragen von Teilnehmern regelmässig an uns gerichtet. Wir haben für alle, die noch keine Gelegenheit hatten direkt mit uns zu sprechen, hier die häufigsten Fragen und ihre Antworten zusammengestellt:
1. Ist es überhaupt Aufgabe des Staates einen Innovationspark zu finanzieren?
Das ist eine berechtigte Frage. Ich bin der Meinung, dass der Staat in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, wie dies heute der Fall ist, eine neue langfristige Strategie bestimmen muss, um die künftige Entwicklung unseres Landes sicher zu stellen. Insbesondere geht es darum für die Unternehmen die richtigen Rahmenbedingungen für die Zukunft zu ermöglichen. Dies hat sie mit der Initiative Swiss Innovation Parks (SIP) meines Erachtens sehr gut getan. Nur durch Innovation werden wir unserem hohen Lebensstandard in der Schweiz in Zukunft erhalten können. Der Staat finanziert aber nie einen ganzen Innovationspark.
2. Warum wurde der Agro Food Innovation Park vom Bund nicht berücksichtigt?
Die Bewertung durch den Bund erfolgte gemäss einem Ampel System. Es gab insgesamt 36 Kriterien. Der Thurgau hatte bei den Bewertungsfeldern Raumplanung, Verkehr-und Erschliessungslage sowie Organisation und Struktur gut bis sehr gut abgeschlossen. Nur im Bewertungsfeld Innovations- und Leistungsfähigkeit wurde der Thurgau wegen fehlender Internationalität und fehlender Anbindung an eine universitäre Einrichtung als ungenügend evaluiert. Da diese beiden Punkte als sehr gravierend gewichtet wurden, führte es dazu, dass Frauenfeld nicht in der Startformation vom SIP war.
3. Warum haben Sie dann trotz Absage weitergemacht?
Wir haben die Begründung der Absage vom Bund sehr genau analysiert. Sowohl in der Projektgruppe als auch in der Steuerungsgruppe waren wir danach der Meinung, dass die vielen positiven Faktoren, also die Faktoren die vom Bund mit grün bewertet wurden, eine ausgezeichnete Grundlage für einen einstweiligen Alleingang bildeten. Dabei erachten wir es als realistisch, dass gerade die Pilotphase die Voraussetzung schafft, um eine Internationalisierung und die Hochschulanbindung zu bewerkstelligen. Wir waren unisono der Meinung, dass wir die negativ bewerteten Faktoren wettmachen können.
4. Warum haben Sie dann auf ein Wiedererwägungsgesuch verzichtet?
Weil wir es vorgezogen haben sofort mit der Arbeit zu beginnen. Wir haben angefangen, den Agro Food Innovation Park mit Leben zu füllen. Das war uns sehr wichtig, damit wir auch näher zur Wirtschaft und Wissenschaft kommen.
Wir haben als allererstes eine Informationsplattform erstellt, um zeitnah über unsere Aktivitäten informieren zu können. Dann haben wir sehr viele Gespräche mit Unternehmern und Wissenschaftlern geführt, einen ersten Innovationsworkshop in Kooperation mit dem World Food System Center (WFSC) von der ETH Zürich veranstaltet, mehrere Business Lunches für Interessierte angeboten sowie mit unserem Partner «The Mixing Bowl» die Agro Food spezifische Unternehmerreise ins Silicon Valley durchgeführt. Dies alles war uns wichtig, um Ideen und Vorstellungen vor Ort aufzunehmen und uns selbst immer wieder zu überprüfen. Parallel dazu haben wir den Antrag für die Finanzierung einer 3-jährigen Pilotphase ausgearbeitet.
5. Aber warum braucht es überhaupt Geld vom Staat? Die Wirtschaft kann dies einfach direkt selber finanzieren?
Ja, da haben Sie grundsätzlich Recht. Jedes Unternehmen soll grundsätzlich seinen Anteil selber tragen. Doch zuerst braucht es Personen, die Wirtschaft und Wissenschaft zusammenbringen und sie dann an einem idealen Ort für die Zukunft anbindet. Wenn der Staat diese Dienstleistung vorfinanziert, können alle mitmachen. Wenn es als Initiative einzelner Wirtschaftspartner aufgesetzt wird, bleibt es ein ‚Insiderclub’. Bei dem jetzigen Antrag handelt es sich um die Anschubfinanzierung für die 3-jährige Pilotphase des Projekts. Diesen Antrag haben wir im Juni bei der Stadt Frauenfeld und der Kanton Thurgau eingereicht.
6. Wenn alle sparen müssen, warum sollte man dann Geld in ein solches Projekt investieren?
Zunächst ist es wichtig eine Investition in ihrer Grössenordnung einzuordnen.
Die Ausgaben für die gesamte Pilotphase entsprechen 1 Promille vom Jahresbudget des Kantons Thurgau, d.h. letzten Endes handelt es sich hier um 0,33 Promille pro Jahr für die einmalige Chance in ein Zukunftsprojekt der Region.
Parallel gehen wir in dem Projekt sehr fokussiert vor. Daher ist es transparent, überschaubar und kontrollierbar. Da wir die Wirtschaft an Bord haben wollen, ist das unabdingbar.
7. Wann hat das Projekt Agro Food Innovation Park mehr «Fleisch am Knochen»?
Wir sind permanent auf den verschieden Ebenen dran: Anfangs November haben wir von einer wissenschaftlichen, international anerkannten Schweizer Institution die Zusage erhalten, dass sie nach Frauenfeld kommen wollen. Aus den gezielten Gesprächen mit Unternehmensleitungen wissen wir, wie wichtig das gerade für die Wirtschaft ist.
Wir haben relevante Trends der Land- und Ernährungswirtschaft systematisch analysiert und daraus Trendfelder in den Fokus genommen. Aus diesen Trendfeldern und den Ergebnissen der Gespräche vor Ort haben wir drei Vorzeigeprojekte aufgesetzt. Das Projekt Landwirtschaft haben wir «Vom Grünland bis zum Käse» genannt und ein erstes Treffen initiiert. Das Projekt Ernährung beschäftigt sich mit dem Thema «Gesund bleiben im Alter». Das dritte Vorzeigeprojekt wird im Bildungswesen sein.
Des Weiteren haben wir bereits die schriftliche Zusage eines namhaften privaten Investors aus der Branche sich an der Finanzierung zukunftsträchtiger Jungunternehmen aus dem Agro Food Innovation Park zu beteiligen.
8. Heisst das, dass Unternehmen, die nicht im Agro Food Sektor tätig sind, bei dem Projekt leer ausgehen?
Die Kraft des Agro Food Innovation Parks liegt darin, dass wir der einzige themenbasierte Park sind. Die Land- und Ernährungswirtschaft mit ihrer gesamten Wertschöpfungskette deckt dabei aber ein extrem breites Feld von anderen Wirtschaftszweigen mit ab, z.B. Maschinenindustrie, Elektronik (Sensoren, Roboter), Saatguthersteller, Logistik, Verpackung, u.s.w. einschliesslich Wiederverwertung. Zudem braucht ein Innovationspark vor Ort auch zahlreiche Dienstleistungen, vom Patentanwalt über das Werbebüro bis zur Gastronomie.
9. Wie können denn dann genau die Landwirte vom Agro Food Innovationspark profitieren?
Wir haben in der Schweiz grossartige Fähigkeiten, auf kleinem Raum einen hohen Ertrag zu Erwirtschaften. Und genau dies wollen wir mit den Landwirten, Institutionen, aber auch mit den Produzenten in gemeinsamer Arbeit weiter verstärken. Denn auch die Land- und Bauernwirtschaft ist zunehmend gefordert, ihre Betriebe bezüglich Effizienz und Ertragssteigerung zu überprüfen. Innovationen in diesem Sektor haben gezeigt und werden zeigen, dass daraus Lösungsansätze gewonnen werden können:
- Wir wollen, dass das Wissen unserer Hochschulen einerseits konkret von unseren Landwirten genutzt wird, dass Entwicklungen durch den direkten Dialog von Theorie und Praxis schnell und pragmatisch vor Ort einsetzbar werden.
- Wir wollen, dass junge Studienabgänger hier in der Schweiz bleiben, weil sie hier spannende Aufgaben in innovativen Feldern finden.
- Ausserdem unterstützen wir den Dialog zwischen den Landwirten und dem verarbeitenden Gewerbe. Für den Landwirt heisst das, dass er ein viel besseres Gespür für seine Abnehmer, seine Kunden bekommt.
- All diese Dialoge müssen professionell begleitet werden sowie Impulse zu relevanten Entwicklungen für die Landwirtschaft enthalten. Die Zeit und Energie für die Informationsbeschaffung ist für jeden einzelnen Landwirt neben dem Tagesgeschäft kaum zu bewerkstelligen.
- Innovative Landwirte, die bereit sind Neues auszuprobieren bekommen Hilfe bei der Umsetzung ihrer Ideen.
10. Wie sieht dann das Vorzeigeprojekt «Landwirtschaft» aus?
Wir hatten kürzlich das erste Treffen dieser Projektgruppe, bei dem sowohl Vertreter aus der Landwirtschaft, der verarbeitenden Unternehmen, Forschungseinrichtungen sowie kantonaler Institutionen anwesend waren. Wir hatten ein sehr gutes Meeting und haben das Projekt «Vom Grünland bis zum Käse» genannt. Dabei wird anhand digital erfasster Daten der Produktionsprozess vom Weidemanagement über das Fütterungsmanagement, die Milchgewinnung bis zur Käseproduktion gesteuert und optimiert. Die ganzheitliche Betrachtung wird aus unserer Sicht in der gesamten Wertschöpfungskette zu höheren Erträgen führen.
11. Und dann bekommen die Landwirte tatsächlich mehr Lohn?
Wenn alle Akteure entlang der Wertschöpfungskette mitmachen, werden wir insgesamt in der Schweiz mehr zur Geld zur Verfügung haben. Auch die Landwirte werden direkt davon profitieren.
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