Wrap-up und Fazit: Silicon Valley – Alles Gold, was glänzt?

Nachdem wir eine intensive und spannende Woche im Silicon Valley verbrachten, habe ich mit etwas Abstand überlegt, worin die Unterscheide zwischen den beiden Wirtschafträumen Schweiz und Silicon Valley, die geographisch betrachtet ungefähr beide gleich gross sind, bestehen.

Nach Anfragen aus Holland und Neuseeland hatten wir bereits gemeinsam mit unserem Partner „The Mixing Bowl“ aus San Francisco beschlossen, die Reise für andere Teilnehmer zu öffnen. Somit waren wir dann in einer Gruppe von über 50 Personen mit verschiedensten Nationalitäten unterwegs. Dies gab uns zusätzlich die Möglichkeit, mit anderen Ländern einen Quervergleich zu machen. Während der Woche begleiteten mich unter anderem diese drei Fragen: Ist Silicon Valley wirklich so aussergewöhnlich? Was ist in Silicon Valley anders? Was können wir lernen, bzw. in die Schweiz mitnehmen?

Netzwerk

Das Silicon Valley wird angetrieben durch ein dichtes Netzwerk von Unternehmern, Forschern, Investoren und Beratern und deren intensiven Austausch. Im Zentrum liegen die Universitäten Stanford, Berkeley und im erweiterten Sinne auch Davis. In der San Francisco Bay Area gibt es über 300 Netzwerkgruppen und mehr als 200 Organisationen aus dem Ausland, die versuchen, die Verbindungen mit Silicon Valley und ihrem Heimatland zu fördern. Eines davon ist die Swissnex, ein vom Bund getragenes Netzwerk für Wissenschaft und Technologie, wo wir an unserem letzten Morgen die Wrap-up-Session der Woche machen durften. Durch die vielen Netzwerke und Aktivitäten pulsiert das Silicon Valley. Täglich gibt es, teils mehrmals, Anlässe an denen man Kontakte knüpfen oder Wissen aufsaugen kann. Bei mehr als der Hälfte der Start-ups dominieren Unternehmer mit asiatischer Herkunft. Die Leistungsbereitschaft und die „Lerngierigkeit“ sind auffallend hoch. Ideen und Aktivitäten befruchten sich besonders in der Anfangsphase gegenseitig, teils durch „Sharing“, teils durch sportlichem Wettbewerbsgeist. Entwickler sind permanent darauf aus, Bestehendes zu verbessern, weiterzuentwickeln, zu perfektionieren. Diese Haltung sorgt dafür, dass tatsächlich beständig Innovationen aus Silicon Valley kommen. Nachdem ich als „Veteran“ bezeichnet wurde, war mir plötzlich klar, dass viele der jungen Unternehmer komplett branchenfremd sind. Viele Unternehmer und Investoren aus dem IT Bereich arbeiten im Agro Food – oder „AgFood“ wie es die Ami’s nennen – und krempeln alles ohne Rücksicht auf Verluste um.

Risikobereitschaft

In Silicon Valley ist ein Unternehmer ein „richtiger“ Unternehmer, wenn er mindestens einmal gescheitert ist. Scheitern gehört zum Unternehmertum – nicht „Misserfolgsvermeidung“. Wir hingegen überlegen meist sehr lange, beschäftigen uns intensiv mit der Frage, ob eine Idee funktionieren kann und rechnen ein potenzielles Venture rauf und runter. Im Silicon Valley wird ganz klar nach dem Opportunitätsprinzip gehandelt, und manchmal auch eine Innovation zu früh an den Markt gebracht. Wir täten auch gut daran, uns an den Opportunitäten zu orientieren, besser rasch und klein zu starten und bei auftretenden Problemen die nötige Anpassungen oder einen Kurswechsel vorzunehmen.

Dies habe ich bereits im Vorfeld vom Agro Food Innovation Park gesagt „das Schlimmste ist, nichts zu tun“ oder zu lange zu warten. Oberflächlich betrachtet widerspricht das der Schweizer Mentalität, wo es zuerst um Präzision, Perfektion und langfristiges Denken geht. Jedoch es gibt keine disruptive Innovationen ohne diesen wichtigen Schweizer Eigenschaften. Innovationen müssen hart erarbeitet werden und haben nicht viel mit spontanen, kreativen Geistesblitzen zu tun. Wir müssen nicht nur lernen, früher zu starten, sondern dabei auch bereit sein, einen Misserfolg zu akzeptieren. Nur so können wir, als eines der innovativsten Länder dieser Welt, auch zu einer „Brutstätte“ für Jungunternehmen werden. Die Ansätze sind bereits da, die Generation Y und insbesondere die heranwachsenden Generation Z sind bereits viel risikobereiter, stellen bestehende Systeme und Vorgehensweisen in Frage, wagen viel schneller mit einem neuen Produkt auf den Markt, auch wenn es noch nicht ganz fertig ist.

Finanzierung

Vermutlich haben wir alle schon von der besonderen Kultur im Silicon Valley gehört (auch ohne dort gewesen zu sein). Einer Kultur von Venture Capital Firmen, von „Business Angels“, die ihr Unternehmen erfolgreich verkauft haben und die ihre Erfahrung und ihr Geld in neue Ideen oder Start-ups investieren. Obwohl sich die Kultur im Valley sehr offen, global und digital affin zeigt, neigen viele Investoren dazu, nur in Firmen zu investieren, die sie mit dem Fahrrad erreichen können, um die Teams zu besuchen. Durch die hohe Dichte an Universitäten und Jungunternehmen ist das tatsächlich auch möglich.

Auch wir sind dieses Thema als Agro Food Innovation Park bereits angegangen. Wir sind bereits im Gespräch mit interessierten, privaten Schweizer Investoren und arbeiten an einem Swiss Agro Food Venture Fonds. Dabei geht es insbesondere darum, das Wachstum von Start-ups, die sich in der Inkubationsphase bewiesen haben, zu beschleunigen. Bei der Beschleunigung vom Prototyp bis zur Marktlancierung brauchen unsere Schweizer Innovationen signifikant mehr Geld. Wir wollen und müssen die Kommunikation und das Verständnis zwischen Innovatoren und Investoren fördern und unterstützen.

Fazit

Die Reise nach Silicon Valley war in mehrerlei Hinsicht sehr inspirierend und ein Beweis dafür, dass wir in der Schweiz über viele Elemente, die zum Erfolg von Silicon Valley geführt haben, auch verfügen. Wir sind qua Innovationskraft pro Kopf weltweit Spitze, wir haben weltweit führende Hochschulen, und wir haben bereitstehende Finanzinvestoren. Nur die Risikobereitschaft gehört nicht zu unserer Standardausrüstung, Und genau hier sehe ich die wichtigste Funktion von unserem Agro Food Innovation Park. Wenn es uns gelingt, sowohl arrivierte Unternehmen und Start-ups, als auch Satelliten von Hochschulen (ETHZ, ZHAW) und Institute (Agroscope Tänikon) gleichermassen anzusiedeln, kann eine neue risikobereitere, auf „Sharing“ basierende, Kultur entstehen.

 

 

26. Juni 2015 – Zusammenkunft bei Swissnex

Wrap-up Session

Wrap-up Session

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Gruppenfoto bei Swissnexx (Foto Hemi Rolleston)

Gruppenfoto bei Swissnex (Foto Hemi Rolleston)

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