Brüssel, 15. Juli 2015 – Partners in Dialogue – Schweiz und EU diskutieren Digitalisierung des Agro Food-Sektors
«Mission of Switzerland to the EU», die Ständige Mission der Schweiz bei der Europäischen Union in Brüssel, die sich für die Interessen der Schweiz im Rahmen der EU einsetzt, lud zu Mitte Juli zu ihrer Veranstaltungsreihe «Partners in Dialogue» zum Thema «How Information and Communication Technologies (ICT) are going to change the Agro-food sector in the next ten years» ein.
An einer spannenden Paneldiskussion skizzierten namhafte Vertreter der Branche ihre Berührungspunkte mit dem Thema und warfen einen Blick in die Zukunft. Schliesslich waren sich alle Referenten einig, dass sich der Agro Food-Sektor durch die Informations- und Kommunikationstechnologien weiter massgeblich verändern wird.
Pierre Treinen, Director of the Rural Economy Office, Grand Duchy of Luxembourg, stellte heraus, dass die Landwirtinnen und Landwirte bereits heute quasi täglich das Internet nutzen, um z.B. administrative Arbeiten zu erledigen. Auf dem Feld wird «Precision Farming» dank neuer Applikationen mehr und mehr zum Standard. Weiter hob Treinen hervor, dass ein intensiver Wissens- und Technologietransfer zwischen Wissenschaft und Landwirtschaft wichtig ist und zu vielen win-win-Situationen führen kann (Weiterentwicklung des Precision Farming).
Prof. Krijn J. Poppe business economist at the Agricultural Economics Research Centre (LEI), Wageningen University and Research Centre, The Hague, zeichnete das Bild eines Mähdreschers, der heute nicht nur bspw. Weizen erntet, sondern zeitgleich auch jede Menge Daten. Gleichwohl besteht neben dem Daten sammeln noch die Herausforderung, diese Daten zu interpretieren und damit nutzbar zu machen. Bei den dazu notwenigen «data platforms» ist vor allem auf die Datensicherheit zu achten.
Auf das Thema «Daten» fokussierte auch die Swiss Re. Ihr Vertreter, David Mäder, Research & Development Manager, Zürich, zeigte beispielhaft, auf welche Daten Rückversicherer wie auch Landwirte zurückgreifen (Wettervorhersagen, Preisprognosen, Erwartungen zum Pflanzenwachstum,…). Weiter sieht David Mäder verschiedene Anwendungsgebiete für neue Applikationen wie monitoring, low assessment, modelling, Produktentwicklung.
Adrian Aebi, Leiter Internationale Angelegenheiten im Bundesamt für Landwirtschaft, Bern, stellte fest, dass bereits heute eine grosse Anzahl Technologien verfügbar sind, noch dazu zu einem erschwinglichen Preis. Und diese Technologien werden von der «neuen Generation», den «Internet Natives» angenommen. Diese Entwicklung erfasst selbstredend auch die (Jung)landwirte. Aber auch Aebi sieht, wie seine Vorredner, einige Fragezeichen beim Umgang mit den Daten resp. der Datensicherheit. Hier ortet er Handlungsbedarf.
Die Möglichkeit, das vom Panel skizzierte im Plenum zu diskutieren wurde von den rund 80 Teilnehmenden rege genutzt. So wurde u.a. darauf hingewiesen, dass das Teilen von Daten (sharing) und die gemeinsame Nutzung von sich daraus ergebenen neuen Erkenntnissen in Teilen der Welt (Nordamerika / Silicon Valley) viel ausgeprägter verbreitet ist, als dies in der Schweiz oder Europa der Fall ist. Hier gilt es, die Chancen zu ergreifen, die sich durch eine intensive(re) Zusammenarbeit mit Partnern entlang der Wertschöpfungskette auftun. Der vermehrte Einsatz von ICT hat auch Auswirkungen auf den Strukturwandel in der Landwirtschaft. Er wird diesen beschleunigen. Chancen erwachsen der Landwirtschaft durch ICT in der Pflanzen- und in der Tierproduktion (Precision (Livestock) Farming), im Marketing (online – Direktvermarktung) oder auch für den Sektor an sich (Gläserner Bauernhof, Stall-Webcam,…). Eine transparente Produktion schafft Vertrauen in der Bevölkerung und trägt dazu bei, das Image des primären Sektors positiv zu verändern und dies sollte auf der Agenda der Landwirtinnen und Landwirte sehr weit oben stehen.
In Europa wird das Thema «Digitalisierung» vorsichtiger angegangen als beispielsweise in Nordamerika. Die «Aufbruchstimmung» ist hier nicht so deutlich spürbar wie sie uns bei unserer Studienreise in Silicon Valley vermittelt wurde. Anstelle einfach erst einmal zu starten (und die Gefahr des Scheiterns in Kauf zu nehmen) nehmen Themen wie Datenrechte / Datensicherheit einen grossen Raum ein. Europa täte gut, sich hier etwas mehr zu öffnen und die Digitalisierung als echte Chance zu erkennen und sofort zu nutzen. Nur so kann sich die hiesige Land- und Ernährungswirtschaft den globalen Herausforderungen erfolgreich stellen.
Das Einleitungsschreiben der «Mission of Switzerland to the EU» finden Sie hier.
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