Michèle Vaterlaus schreibt am 2.12.2015 in der Thurgauer Zeitung:

Der Grosse Rat hat gestern den Kredit von 2,55 Millionen Franken zur Finanzierung des Agro Food Innovation Parks gutgeheissen. Ob das Geld schliesslich ausbezahlt wird, hängt nun vom Entscheid des Frauenfelder Stimmvolks ab.

WEINFELDEN. 90 Minuten diskutierten die Politiker im Weinfelder Rathaussaal. Das Ergebnis war am Schluss eindeutig: Mit 79 Ja- zu 29 Nein-Stimmen bewilligte der Grosse Rat gestern den Kredit von 2,55 Millionen Franken als Anschubfinanzierung für den Agro Food Innovationspark (Afip) in Frauenfeld. Während der Diskussion war aber nicht immer eindeutig, ob der Kredit tatsächlich bewilligt würde. Jürg Wiesli (SVP, Dozwil) stellte nämlich den Antrag, den Kredit abzulehnen. Er argumentierte, dass es einen Afip bereits gebe: in Form der ETH. Unter-stützung bekam er von verschiedenen Seiten.

Aufgabe der Privatwirtschaft

Robert Zahnd (SVP, Frauen-feld), ist das Projekt suspekt. «In Wahrheit muss erst erforscht werden, was die Projektleiter des Afip erforschen wollen.» Kurt Egger (Grüne, Eschlikon) sieht in dem Projekt die Interessen der Grünen zu wenig vertreten. Klemenz Somm (GLP, Kreuzlingen), ist der Meinung, dass es keine staatliche Aufgabe ist, sich bei der Finanzierung zu engagieren. Diese sei für ihn als liberaler Geist Aufgabe der Privatwirtschaft. Und Urs Martin (SVP, Romanshorn) befürchtet, dass der Kanton nach der Pilotphase erneut Gelder sprechen wird. «Der Kredit beläuft sich auf 2,55 Millionen Franken, 200 000 Franken wurden bereits investiert. Irgendwann folgen weitere. Dann sind drei Millionen erreicht. Das kennen wir doch.»

Charmeoffensive der ETH

Peter Dransfeld (SP, Ermatingen) sagte, dass der Afip ein Projekt sei, das durch eine Häufung von englischen Ausdrücken und Konjunktiven besteche. Doch er sieht wenig Fleisch am Knochen. Er sprach ein Schreiben von zwei ETH-Professoren an, das Regierungsrat Kaspar Schläpfer vor der Sitzung den Fraktionen zu-kommen liess. Die «Charme-Offensive» der ETH-Professoren – zwei Tage vor der Debatte – sei zwar sympathisch, mache die Sache aber nicht überzeugender, sagte Dransfeld. Dieses Schreiben der ETH-Professoren sprachen einige Kantonsräte an. Schläpfer erwähnte in besagtem E-Mail auch eine in der Schweiz domizilierte Holding, die nicht beim Namen genannt werden will. Diese habe eine erste Tranche von 500000 Franken zur Finanzierung zugesagt, für Projekte, die aus dem geplanten Fonds finanziert werden.

Das «Goldene Dreieck»

Aufgrund der negativen Voten zweifelte Walter Schönholzer (FDP, Neukirch a. d. Thur) an der Innovationsfähigkeit des Rates: «Das Risiko ist kalkulierbar. Man muss den Projektverantwortlichen nur auf die Finger schauen.» Hans Trachsel (EDU, Amriswil) räumte ein, dass er erst auch skeptisch war. Nichtsdestotrotz stelle sich die EVP-EDU-Fraktion hinter den Kredit. «Investitionen sind immer mit einem gewissen Risiko verbunden. Wir sollten das als Chance sehen.» Die FDP- Fraktion stand geschlossen hinter dem Kredit, wie Carlo Parolari (FDP, Frauenfeld) sagte. Er kritisierte Wieslis Argumentation als einäugig. Es gehe nämlich nicht nur um die ETH, also um die Forschung. «Der Kern des Afip ist das ‹Goldene Dreieck: Forschung, Wirtschaft und Produktion.» Euphorisch sagte Hans-Peter Wägeli, (SVP, Buch b. Frauenfeld): «Die ETH eröffnet einen Standort im Thurgau.»

Abbruch jederzeit möglich
Schläpfer zeigte Verständnis für die Skepsis. Der Regierungsrat wolle aber ein Controlling durchführen. Zudem könne der Grosse Rat weiterhin Einfluss nehmen. Mit parlamentarischen Vorstössen könnten Fragen zum Stand der Dinge gestellt und gar der Abbruch des Projekts verlangt werden. Den Antrag von Wiesli, den Kredit abzulehnen, lehnte der Grosse Rat ab. Damit die Verantwortlichen des Afip das Geld vom Kanton bekommen, muss noch das Stimmvolk der Stadt Frauenfeld sein OK für einen Kredit von 1,2 Millionen Franken geben.

Anschubfinanzierung Geld wird in drei Tranchen ausbezahlt

Die 2,55 Millionen Franken werden dem Agro Food Innovation Park nur unter dem Vorbehalt ausbezahlt, dass das Frauenfelder Stimmvolk ebenfalls einem Kredit von 1,2 Millionen Franken zustimmt. Die 2,55 Millionen Franken werden dann über drei Jahre ausbezahlt. 2016 sind es 770000 Franken, 2017 700000 Franken und 2018 630000 Franken. Zudem rechnet der Kanton noch mit einem Beitrag für die Neue Regionalpolitik des Bundes von 450000 Franken. (mvl)

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