NZZ vom 19. September 2015 /JÖRG KRUMMENACHER, FRAUENFELD
Der Thurgau lanciert einen Innovationspark zur Land- und Ernährungswirtschaft. Der Kanton Thurgau und die Stadt Frauenfeld starten mit der Umsetzung ihres Projekts «Agro Food Innovation Park». Sie tun dies losgelöst vom Konzept nationaler Innovationsparks und sehen im Alleingang Vorteile.
Die Thurgauer Regierung beantragt dem Grossen Rat einen Kredit von 2,55 Millionen Franken für eine auf drei Jahre angelegte Pilotphase, das Frauenfelder Stadtparlament soll weitere 1,2 Millionen Franken gutheissen. Gemeinsam wollen Kanton und Stadt möglichst rasch vorwärtsmachen: Schon 2016 soll die Geschäftsstelle eingerichtet werden. Ziel ist die Weiterentwicklung eines bereits bestehenden Kompetenznetzwerks zur Ernährungswirtschaft.
Kooperation über die Grenze
«Wir probieren es auf eigene Faust», sagt Volkswirtschaftsdirektor Kaspar Schläpfer. Der Thurgau hatte sich als Netzwerkstandort im Rahmen des nationalen Innovationsparks beworben, sein Projekt war von der Konferenz der kantonalen Volkswirtschaftsdirektoren aber nicht zur Weiterbearbeitung empfohlen worden. Zuvor war eine gemeinsame Ostschweizer Bewerbung gescheitert. St. Gallen, beide Appenzell und das Fürstentum Liechtenstein reichten dann ihrerseits ein Projekt für einen Technologiepark ein, das zwar in einer ersten Runde ebenfalls unberücksichtigt blieb, aber in verbesserter Form noch nachgereicht werden soll. Der Thurgau verzichtet darauf, denn er sieht in einem Alleingang Vorteile. Einerseits kann er unbesehen von nationalen Entscheiden speditiv vorwärtsmachen, anderseits auch mit Partnern jenseits der nationalen Grenze im Bodenseeraum zusammenarbeiten. Dennoch profitiert das Thurgauer Projekt gleich mehrfach vom Bund. Denn entstehen soll es auf bisher durch das Militär genutzten Arealen im Zentrum Frauenfelds zwischen Bahnhof und Autobahn. Noch gehören die Grundstücke der Armasuisse, doch werden sie künftig nicht mehr benötigt. Im Rahmen der Frauenfelder Stadtentwicklung sollen neue Quartiere mit gemischter Nutzung aus Wohnen, Arbeiten und gastronomischem Angebot entstehen. Der Kanton Thurgau und die Stadt Frauenfeld hoffen auf einen Armasuisse-Beitrag von 350 000 Franken an die Arealentwicklung, zudem soll sich der Bund im Rahmen der neuen Regionalpolitik mit 450 000 Franken an der Pilotphase beteiligen.
Stark im Agrarbereich
Der Thurgau betrachtet sich als idealen Standort für einen Innovationspark für die Agrar- und Ernährungswirtschaft, obwohl er über keine eigene Hochschule verfügt. Jeder sechste Betrieb im Kanton ist heute in diesem Bereich tätig. Der Thurgau steht für Obst, Beeren, Gemüse, Milch, zählt Betriebe in verwandten Gebieten wie Phytopharmazie oder Verpackungsindustrie, ist Forschungsstandort von Agroscope. In der Pilotphase will man sich auf aktuelle Trendfelder konzentrieren: die Digitalisierung in der Land- und Ernährungswirtschaft, Lebensmittelsicherheit, -verlust und -verschwendung sowie Ernährung und Älterwerden.
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